Ausfallhonorar im Gesundheitswesen: Was nach dem BGH-Urteil wichtig ist

Die steigende Anzahl von Patienten, die unangekündigt ihren Termin verpassen, stellt viele Gesundheitsdienstleister vor Herausforderungen. Ist es möglich, in solchen Fällen ein Ausfallhonorar zu verlangen? In der medizinrechtlichen Praxis ist die Berechnung von Ausfallhonoraren eine heikle Angelegenheit. Daher hat sich der Bundesgerichtshofs erstmalig mit der Abrechnung von Ausfallhonoraren beschäftigt und in seinem Urteil vom 12. Mai 2022 (Az. III ZR 78/21) Leitlinien aufgestellt, wie Ärzte und Gesundheitsdienstleister in Deutschland Ausfallhonorare rechtskonform berechnen können. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Aspekte und Überlegungen im Zusammenhang mit Ausfallhonoraren im Gesundheitswesen.

Was ist ein Ausfallhonorar?

Ein Ausfallhonorar ist eine Gebühr, die von einem Patienten verlangt wird, der zu einem vereinbarten Termin nicht erscheint, ohne diesen rechtzeitig abzusagen. Dieses Instrument dient dazu, den finanziellen Verlust abzufedern, den Gesundheitsdienstleister erleiden, wenn sie geplante Termine nicht nutzen können.

Voraussetzungen für die Berechnung eines Ausfallhonorars

Vor dem jüngsten BGH-Urteil gab es keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage. Allerdings waren sich verschiedene Amts- und Landgerichte über einige grundlegende Punkte einig:

  1. Bestellpraxis: Die fragliche Praxis muss eine sogenannte Bestellpraxis sein, in der Termine exklusiv für einzelne Patienten vergeben werden und die Zeiträume ausschließlich für diese Patienten reserviert sind. Dies muss für die Patienten erkennbar sein.
  2. Nachweisbarer Schaden: Es muss nachgewiesen werden können, dass während des fraglichen Zeitraums keine anderen Patienten behandelt werden konnten. Die Höhe des Ausfallhonorars sollte nachvollziehbar sein.
  3. Vereinbarung oder Anspruch aus § 615 BGB: In der Regel wird ein Ausfallhonorar auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung geltend gemacht, oft integriert in den Anamnesebogen. Es ist jedoch auch möglich, dass ein Anspruch auf Ausfallhonorar direkt aus dem Gesetz, nämlich § 615 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), resultiert.

Die Bedeutung der schriftlichen Vereinbarung bei Ausfallhonoraren

Die schriftliche Vereinbarung eines Ausfallhonorars ist von entscheidender Bedeutung. Sie sollte klarstellen, dass die vereinbarte Zeit ausschließlich für den Patienten reserviert ist und dass der Termin bis zu einer bestimmten Frist abgesagt werden kann. Andernfalls wird die ungenutzte Zeit in Rechnung gestellt. Die Höhe des Ausfallhonorars sollte ebenfalls festgelegt sein, und die Patienten müssen dieser Regelung zustimmen.

Fallstricke und rechtliche Überlegungen

Die Ausgestaltung einer Ausfallhonorarvereinbarung sollte wohlüberlegt sein, da verschiedene rechtliche Fallstricke lauern:

  1. Unangemessene lange Frist zur Terminabsage: Eine zu lange Frist zur Terminabsage könnte als unangemessene Benachteiligung angesehen werden. Eine 24-Stunden-Frist wird oft als angemessen erachtet.
  2. Exkulpationsmöglichkeit: Die Vereinbarung sollte die Möglichkeit für Patienten vorsehen, sich bei unverschuldeten Umständen zu entschuldigen und somit kein Ausfallhonorar zu schulden.

Fazit zur Abrechnung von Ausfallhonoraren

Die Berechnung eines Ausfallhonorars ist möglich, erfordert jedoch sorgfältige Vorbereitung und Abwägung. Es bietet keine Erfolgsgarantie. Gegebenenfalls sollte eine rechtliche Beratung eingeholt werden.  Für Behandlungen, für die große Zeiträume und aufwändige Behandlungsmaßnahmen reserviert wurden, ist ein Ausfallhonorar möglich. Um die Integrität der Praxis zu wahren, ist jedoch eine gute Dokumentation der Behandlungsplanung und des Bewusstseins der Patienten über den eingeplanten Zeitraum wichtig.

Noch Fragen zu diesem Thema?

Jetzt beraten lassen

Keine News verpassen!